Kann ein Netz aus erneuerbaren Energielieferanten verlässlich unseren Strombedarf decken? Wie kann der kontinuierlich steigende Energiebedarf in einer hochtechnologisierten Gesellschaft sicher gedeckt werden? Und wie muss die entsprechende Infrastruktur aussehen, die diesen Herausforderungen standhält?
Diese und viele weitere Fragen rund um das Thema Stromversorgung der Zukunft wurden bei der Power2Change Science Watch and Talk Night am 23. November im Braunschweiger TRAFO Hub diskutiert. Auf dem Programm stand zunächst die ARTE-Doku “Droht uns der Blackout” aus dem Jahr 2023. Im Anschluss standen die Expert*innen Friederike Wenderoth von der Deutschen Energie-Agentur (dena), Christian Holger Nerowski vom Institut für Energiesysteme der TU Dortmund und Ulf Erzberger, Leiter der Netzführung der Braunschweiger Netz GmbH dem Publikum Rede und Antwort. Moderiert wurde die Veranstaltung von Lis Blume, Kommunikationsmanagerin des Niedersächsischen Wasserstoffnetzwerkes.
In der ARTE-Doku wird eingangs erklärt, wie Stromnetze sich wandeln müssen, um der zunehmenden Nachfrage sowie dem dezentralen Einspeisen von grünem Strom gerecht zu werden. Im weiteren Verlauf werden Lösungsansätze aufgezeigt, mittels derer Blackouts vorgebeugt werden, die bereits bei geringen Abweichungen von der Netzfrequenz entstehen können. So können beispielsweise die Batterien in Elektrofahrzeugen als Speicher genutzt werden, um Schwankungen auszugleichen, heißt es von einer Expertin aus der Doku.
Aus dem Publikum wurde in der anschließenden Diskussion gefragt, wie realistisch die in der Doku angesprochene Stromspeicherung mit Hilfe (privater) Elektroautos denn tatsächlich sei. Die Expert*innen äußerten sich dahingehend eher skeptisch. Laut Nerowski stünden Privatnutzer*innen nicht in der Verantwortung, die Stromversorgung der Bevölkerung zu garantieren, und das Übertragungsnetz sei ohnehin für diese Art des bilateralen Ladens noch nicht bereit.
Weiter wurde die Nutzung von erneuerbaren Energien auf Privatgrundstücken thematisiert, die mit einer Individualisierung und Unabhängigkeit vom zentralen Stromnetz einhergeht. Wenderoth beobachtet diesen Ausbau vor allem im Süden Deutschlands. Dort sind bereits viele Photovoltaik-Anlagen auf Privathäusern angebracht. Der Norden Deutschlands konzentriert sich eher auf Energieparks, die kollektiv zur Verfügung stehen. Sie unterstreicht, dass vor allem der Ausbau von Wasserstoff-Anlagen wichtig wird und wir uns “bis 2030 ins Zeug legen [müssen], um die Klimaneutralität zu erreichen”. Nerowski betont, dass die Technologien dafür bereits entwickelt wurden und es nun an (finanziellen) Anreizen liegt, diese jetzt auch umzusetzen und zu implementieren.
Erzberger identifiziert die Geschwindigkeit und Dringlichkeit als größte Herausforderungen der Energiewende. Für eine gesicherte Stromversorgung mit erneuerbaren Energien müssen neue Stromnetze geplant und alte verstärkt werden. Das bedarf gründlicher Planungszeit, die vor allem auch den steigenden Energiebedarf in Haushalten berücksichtigen muss.
Das bereits angesprochene Thema der Energiespeicherung sorgte für Diskussionsbedarf im Publikum. Viele wünschen sich einen konkreten Plan, wie man zum Beispiel Dunkelflauten im Winter überbrücken kann und somit die Versorgung sichergestellt wird. Wenderoth betont, dass mit sogenannten Langzeitszenarien gearbeitet wird, die unter Berücksichtigung verschiedener Entwicklungen die Strategien der Bundesregierung informieren.
Alle Diskutierenden waren sich einig, dass die Stromversorgung der Zukunft vor diversen Herausforderungen steht. Ein Blackout ist dank der performanten Infrastruktur und präziser Kontrollmechanismen jedoch höchst unwahrscheinlich. Vielmehr müssen wir uns dem Ausbau von Speicherkapazitäten widmen, die für einen langfristig erfolgreichen Umstieg auf erneuerbare Energieträger zwingend erforderlich sind.