In der Interview-Reihe „Zehn Fragen an“ stellen wir Wissenschaftler*innen, Ausstellungsmacher*innen und Wissenschaftskommunikator*innen des Verbundprojekts „Wissenschaftskommunikation Energiewende“ vor. Nicht immer werden alle zehn Fragen beantwortet.
Georg Janick Meyer ist Power System Consultant bei Siemens PTI. Zu seinen Aufgaben gehört die Entwicklung innovativer Lösungen in den Bereichen der elektrischen Energieerzeugung, -übertragung und -versorgung sowie die Auslegung, Bewertung und Optimierung von Schutzkonzepten, Schutzgeräten und Schutzfunktionen auf allen Netzebenen. Er arbeitet daran, die Komplexität des Energiesystems beherrschbar zu machen.
Welcher Song- oder Filmtitel beschreibt Ihre (Forschungs-)Arbeit am besten?
„Guardians of the Galaxy."
Ihr Arbeitsalltag in drei Emojis ausgedrückt?
⚡ 🧠 💡
Wir stellen uns das Jahr 2045 vor. Wie sieht unsere Energieversorgung in drei Schlagworten/ Hashtags aus?
#CO2neutral
#Unabhängig
#GenugfürAlle
Zu welchem Energiewende-Thema sollte unbedingt ein Exponat gebaut werden und warum?
Digitalisierung und Automatisierung der Netzinfrastruktur sowie des Leitsystems: Ein Experiment bei dem mit einer komplexen Steuerung das Netz vor einem Blackout bewahrt werden kann. Die Steuerung sollte von den Zuschauern veränderbar sein. Ziel ist zu zeigen, dass einige Vorgänge nur noch mit komplexen und intelligenten Steuerungen/Regelungen beherrschbar sind.
Welcher wissenschaftliche Fun-Fact ist Ihr liebster, der gerne mal in einer Kneipenrunde erzählt wird?
Wie schnell ist unser Strom?
Tatsächlich erstaunlich langsam, denn Elektronen bewegen sich bei 230V tatsächlich nur mit ca. 0,5mm/sec also 0,0018km/h Driftgeschwindigkeit. Deutlich schneller ist die elektromagnetische Welle, welche sich mit ca. 200.000km/sec ausbreitet.
Was ist Ihrer Meinung nach die größte Herausforderung in der Wissenschaftskommunikation beim Thema Energiewende?
Elektrische Energie ist heutzutage unerlässlich und Grundlage moderner Gesellschaften. Das Energiesystem ist allerdings eines der größten technischen Systeme der Welt. Genauso komplex sind die dort ablaufenden Prozesse und so groß die Anzahl an mitwirkenden Akteuren. Eine intensive Auseinandersetzung jeder und jedes einzelnen ist daher im Vorfeld von Diskussionen notwendig. Halbwahrheiten und zu einfache Schlüsse sind schnell gefasst und ausgesprochen.
Welches (eigene oder fremde) Forschungsergebnis finden Sie besonders spannend?
Innerhalb des Kopernikus ENSURE Projektes wurde gemeinsam eine große Simulationsplattform geschaffen, welche die Echtzeitlabore verschiedener Partner in ganz Deutschland miteinander verbindet. Mit dieser ist es möglich, verschiedene Technologien, Stabilitätsprobleme und Schutzszenarien, die im realen Stromsystem nicht oder nur sehr eingeschränkt simuliert werden können, zu untersuchen.
Welcher wissenschaftliche Irrtum in Bezug auf die Energiewende begegnet Ihnen am häufigsten?
In politischen Diskussionen wird gerne gesagt, dass die Abschaltung der letzten Kernkraftwerke in Deutschland zu einer Erhöhung der Strompreise geführt hat. Dem ist nicht so. Auch Aussagen, dass die Transformation hin zur Elektromobilität und die Wärmewende mit Wärmepumpen Unsinn seien, ist nicht so. Im Gegenteil, letztere sind Technologien mit Hebelwirkung und führen zu einer massiven Reduktion des Primärenergieverbrauches.
Eine gute Wissenschaftler*in/ Ingenieur*in / Projektmanager*in / … braucht?
Begeisterung und Leidenschaft für ihr oder sein Thema. Teamfähigkeit, Zeitmanagement und Eigenständigkeit. Die Bereitschaft zu scheitern, wiederaufzustehen und weiterzumachen. Eine gute Ausbildung.
Ohne Hindernisse wie Geld oder Zeit: Welches (Forschungs-)Projekt würden Sie gerne umsetzen?
Ein sich selbst adaptierendes, immer an neue Zustände anpassendes und damit vollautonomes Schutzsystem. Dieses würde hochflexibel auf Veränderungen reagieren und so eine Energiesystem mit 100% volatil einspeisenden Erneuerbaren Energien bei gleichbleibender Netzsicherheit gewährleisten.