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Fünf Fragen an Kurt Wagemann

In der Interview-Reihe „Fünf Fragen an“ stellen wir Wissenschaftler*innen, Ausstellungsmacher*innen und Wissenschaftskommunikator*innen des Verbundprojekts „Wissenschaftskommunikation Energiewende“ vor.

Prof. Dr. Kurt Wagemann ist Teil der Projektleitung unseres Ausstellungsprojekts. Von 2010 bis 2021 war er Geschäftsführer bei DECHEMA. Er engagiert sich in Advisory Boards von Forschungsinstitutionen und wissenschaftlichen Organisationen und ist einer der Koordinatoren des Kopernikus-Projektes P2X.

In der Ausstellung “Power2Change: Mission Energiewende” geht es um die Wege in eine klimaneutrale Zukunft. Stellen Sie sich vor, es ist das Jahr 2045: Wie sieht unsere Energieversorgung dann aus, was ist der größte Unterschied zu heute?

Unsere Energieversorgung beruht dann nicht mehr auf Kohle, Erdöl oder Erdgas, sondern vor allem auf Photovoltaik und Windkraft. Der Zubau in Deutschland war zwar enorm, reicht aber bei weitem nicht aus. Daher importieren wir Wasserstoff, synthetische Kraftstoffe und Chemikalien wie Ammoniak oder Methanol von begünstigten Standorten: aus Spanien, Süditalien und Griechenland, aus einem mittlerweile stabilen Nordafrika und einem demokratischen Russland. Viele der hierfür erforderlichen Technologien sind „Made in Germany“ und wurden im Rahmen großer Projekte entwickelt; die technischen Geräte tragen daher die Label „Kopernikus inside“ oder „By C2Chem“.

Stellen Sie sich den Tag der Ausstellungseröffnung vor: Gibt es ein Thema oder ein Exponat, auf das Sie sich besonders freuen?

Ich freue mich vor allem darauf, das Interesse junger Menschen an den Exponaten und Erläuterungen zu sehen. Natürlich interessiert mich die Darstellung einer ganzen Prozesskette zur Herstellung von Kerosin als 3-D-Modell: Das funktioniert mittlerweile im großen Maßstab - nur mit Wasser, CO2 aus der Luft und erneuerbarem Strom. Oder endlich mal das hybride Heizrohr live zu sehen: Das kann je nach Verfügbarkeit von Strom auch mit synthetischem Gas betrieben werden. Es gibt in jedem Fall einige Exponate, auf die ich sehr gespannt bin.

Welches (eigene oder fremde) Forschungsergebnis hat Sie zuletzt am meisten begeistert?

Ein ganz wichtiges Highlight unseres Kopernikus-Projekts P2X ist die unglaublich rasch entwickelte PEM-Elektrolyse (PEM = Proton Exchange Membrane) mit geringem Edelmetallbedarf. Elektrolyse ist das Verfahren, um Wasserstoff herzustellen, ohne den die Energiewende nicht funktioniert; damit das Verfahren effizient ist, werden Edelmetall-Katalysatoren benötigt. Die neu entwickelte Elektrode funktioniert besser als der heutige Standard, enthält aber nur ein Zehntel des teuren und seltenen Edelmetalls Iridium. Die industriellen Partner bereiten bereits die Demonstration vor.

Wie kann man sich Ihre Forschungsarbeit konkret vorstellen und mit welchen Methoden arbeiten Sie?

Ich selbst arbeite schon lange nicht mehr im Labor. Gemeinsam mit Kollegen analysiere ich Veröffentlichungen und Studien auf Gemeinsamkeiten ebenso wie auf Widersprüche und leite daraus Technologieprognosen und Forschungsbedarf ab – zum Beispiel zur Rolle von Batterien, synthetischen Kraftstoffen oder Wasserstoff im zukünftigen Energiesystem. Das ist dann die Grundlage, um Fördermaßnahmen vorzubereiten und große Projekte mit zum Teil mehr als 50 Partnern aus Industrie, Universitäten und Forschungsinstituten auf die Beine zu stellen.

Mit welcher (berühmten) Person würden Sie die Ausstellung am liebsten besuchen und warum?

Mit Frau Prof. Antje Boetius, der Leiterin des Alfred-Wegener-Instituts. Sie hält phantastische Vorträge zu den Expeditionen mit dem Forschungsschiff Polarstern in die Arktis und macht unglaublich anschaulich, welche Auswirkungen der Klimawandel jetzt schon hat. Ihr würde ich gerne zeigen, wie wir in unseren Projekten dieses Ziel einer klimaneutralen Produktion immer vor Augen haben und vorankommen mit einer Vielzahl technischer Lösungen. Sie soll erfahren: Wir meinen es ernst!