In der Interview-Reihe „Fünf Fragen an“ stellen wir Wissenschaftler*innen, Ausstellungsmacher*innen und Wissenschaftskommunikator*innen des Verbundprojekts „Wissenschaftskommunikation Energiewende“ vor.
Prof. Dr.-Ing. Görge Deerberg ist Teil der Projektleitung unseres Ausstellungsprojekts. Als stellvertretender Institutsleiter und wissenschaftlicher Direktor am Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT in Oberhausen arbeitet er mit seinem Team an Themen und Technologien der Umwelt- und Prozesstechnik, die in unserer Ausstellung vorgestellt werden.
In der Ausstellung „Power2Change: Mission Energiewende“ geht es um die Wege in eine klimaneutrale Zukunft. Stellen Sie sich vor, es ist das Jahr 2045: Wie sieht unsere Energieversorgung dann aus, was ist der größte Unterschied zu heute?
In 23 Jahren werden wir viel bewusster als heute mit Energie und Rohstoffen umgehen. Der Verbrauch wird deutlich gesenkt sein, dadurch, dass Energieverschwendung vermieden wird und der Gebrauch effizienter erfolgt. Es wird einen Mix geben, der nach wie vor fossile Anteile, überwiegend Erdgas, enthält, der aber von erneuerbarer Energie dominiert wird. Diese wird zu großen Teilen als Wasserstoff importiert, auch, damit für die heimischen produzierenden Industrien Treib- und Rohstoffe auf Kohlendioxidbasis bereitgestellt werden. Der größte Unterschied wird sein, dass der Verbrauch nicht zuletzt durch den in der Übergangsphase deutlich höheren Energiepreis verringert wird
Stellen Sie sich den Tag der Ausstellungseröffnung vor: Gibt es ein Thema oder ein Exponat, auf das Sie sich besonders freuen?
Ich bin besonders darauf gespannt, wie die Einbindung der Besucher*innen funktioniert. Sie können in der Ausstellung zu verschiedenen Themen abstimmen, welche Lösung sie bevorzugen würden. Am Ende bekommen sie die eigene Auswertung und ein Stimmungsbild von allen. Zudem hoffe ich natürlich, dass die Besucherinnen über den Ausstellungsbesuch hinaus die Botschaften der Energiewende und das Wissen weitertragen. Hier bereiten wir in unserem Projekt zum Beispiel Materialien für Workshops an Schulen vor und auch die einzelnen Exponate und Themen werden auf der Website ausführlich vorgestellt.
Welches (eigene oder fremde) Forschungsergebnis hat Sie zuletzt am meisten begeistert?
Eigentlich habe ich mindestens zwei: Die Realisierung unseres Co-Simulations-Netzwerkes. Damit ist es möglich, firmenübergreifend über das Internet das komplexe Zusammenspiel unterschiedlicher industrieller Anlagen zu simulieren, ohne Firmengeheimnisse preisgegeben zu müssen. Damit das gelingen kann, wurden mathematische Algorithmen zur Kopplung von Modellen entwickelt.
Und zweitens: Die praktische Umsetzung der Chemikalienherstellung aus Hochofengas in einem industriell relevanten Maßstab. Dabei konnten unsere Wissenschaftler*innen zeigen, dass die von uns entwickelten Teilkomponenten erfolgreich und effizient zusammenwirken und ein marktfähiges Produkt erzeugen.
Wie kann man sich Ihre Forschungsarbeit konkret vorstellen und mit welchen Methoden arbeiten Sie?
Unser Ziel ist der Transfer von wissenschaftlichen Erkenntnissen in die Praxis. Dazu arbeiten wir experimentell in Labor und Technikum an neuen chemischen, biologischen und physikalischen Verfahren. Meistens geht es dabei darum, zu verstehen, wie „Moleküle zusammenwirken“, um aus diesem Wissen Ideen zu generieren, wie diese Kenntnisse zum Nutzen von Gesellschaft und Umwelt eingesetzt können.
Solche Erkenntnisse werden dann in der Theorie zu Systemen kombiniert. Dafür setzten wir sehr oft zunächst computergestützte Simulationen ein, um das Zusammenwirken der Effekte vorauszuschauen. Abschließend versuchen wir, die Umsetzung zu demonstrieren. Oft heißt das konkret, dass wir technische Anlagen auf Basis der grundlegenden Erkenntnisse und mithilfe der Simulationsergebnisse bauen.
Mit welcher (berühmten) Person würden Sie die Ausstellung am liebsten besuchen und warum?
Sehr gerne würde ich die Ausstellung mit der Bundesforschungsministerin - am liebsten gleich zusammen mit dem Wirtschaftsminister - besuchen, weil wir damit sehr gute Botschafter gewinnen könnten, die auch unmittelbar etwas bewegen können. Daneben würde ich sehr gerne mit meinen Kindern im Teenageralter in die Ausstellung gehen, weil ich Herausforderungen mag. Und ich würde das Carbon2Chem-Team einladen, denn sie schaffen die Basis für die gezeigten Innovationen.